Die Praxis mehr in die Hochschule holen

In der Therapie-Lehr-Praxis werden Therapiesequenzen gefilmt und unmittelbar danach gemeinsam ausgewertet. Es ist ein Vorzeigemodell, wie man Theorie und Praxis aufeinander beziehen kann.

Therapie mit TV. Auf den ersten Blick ist es eine ganz normale Therapiestunde. Eine Logopädin sitzt mit einem Kind auf dem Boden, sie schauen sich gemeinsam Bildkarten an, hantieren mit einer Wäscheleine oder einem Seifenspender. Es wird geflüstert, gesprochen, gezeigt und manchmal auch geschwiegen. Erst auf den zweiten Blick fällt die besondere Ausstattung des Therapieraumes auf. An der Decke hängen nämlich unscheinbar drei fest installierte Kameras, die alles aufzeichnen. Gesteuert werden sie im Regieraum nebenan, man kann sie schwenken oder einen Bildausschnitt vergrössern, und auch der Ton ist dank ausgeklügelter Akustik von hoher Qualität. Im Seminarraum auf der gleichen Etage sitzt zudem eine Gruppe von Studierenden, die das Geschehen live mitverfolgt. Sie machen sich konzentriert Notizen, flüstern sich erste Erkenntnisse zu.

Das Eisen schmieden, solange es heiss ist. Das Ganze nennt sich Therapie-Lehr-Praxis, kurz TLP, und ist «einzigartig in der Schweiz», wie deren Leiter Wolfgang G. Braun sagt. «Die praktische Ausbildung war früher stark ausgelagert», erklärt der HfH-Dozent. «Wir wollten sie mehr in die Hochschule holen.» Der kurze Weg von der Praxiserfahrung bis zur Reflexion hat mehrere Vorteile. So sind die Details der Therapiesequenz noch sehr präsent – viel mehr als etwa ein Praktikum, das meistens bei der Rückschau schon länger zurückliegt. Ausserdem steht mehr Zeit zur Verfügung: «Nirgendwo werden Therapien so gut vor- und nachbereitet wie in der TLP», sagt Wolfgang Braun. Und schliesslich ist man ganz nahe an der Ausbildung. Was in der Lektion theoretisch diskutiert wird, wird unmittelbar danach praktisch umgesetzt. Im nachfolgenden Video-Interview erzählen Wolfgang Braun und die beiden Studentinnen Barbara Fricker und Corina Gini von ihren Erfahrungen mit der TLP.

Autoren: Steff Aellig, Dr., und Dominik Gyseler, Dr., HfH-Wissenschaftskommunikation, August 2023

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