Festlegung von Altersnormen für den Deutschen Gebärdensprach-Verständnistest (DGS-VT)

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Im Vordergrund des Projektes steht die Etablierung von Altersnormen des Verständnistests für die Deutsche Gebärdensprache (DGS-VT) als auch dessen Validierung. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, dass der DGS-VT als Diagnostikinstrument für Förderschulen mit Schwerpunkt Hören und Kommunikation in Deutschland zur Verfügung verwendet werden kann. Das Projekt wird mit der Universität zu Köln zusammen durchgeführt.

Projektleitung

Tobias Haug Titel Prof. Dr.

Funktion

Professor für Gebärdensprache und Partizipation bei Hörbehinderung / Leiter Bachelor Gebärdensprachdolmetschen

Fakten

  • Dauer
    01.2025
    12.2026
  • Projektnummer
    4_58

Projektteam

  • Wolfgang Mann
  • Johannes Hennies

Ausgangslage

Für die Deutsche Gebärdensprache (DGS) besteht ein Mangel an altersnormierten Tests mit soliden psychometrischen Eigenschaften, die im (vor)schulischen Kontext für diagnostische Zwecke bei gehörlosen Kindern eingesetzt werden können. Bislang gibt es nur zwei validierte Tests für die DGS (Haug et al., 2023). Der eine ist ein Wortschatztest für DGS (Bizer & Karl, 2002), der in Schrift und Sprache für Kinder von der 3. bis zur 5. Klasse konzipiert wurde. Der andere ist ein Test zur Überprüfung der narrativen Kompetenz gehörloser Kinder im Alter von 4 bis 11 Jahren (Kolbe, 2023). Bis heute wurde noch kein DGS-Test zur Erfassung der rezeptiven Fähigkeiten der Morphosyntax entwickelt, der in Förderschulen mit Förderschwerpunt Hören und Kommunikation (Altersspanne: 3–11 Jahre) eingesetzt werden kann.

Der DGS-Verständnistest (DGS-VT) wurde im Rahmen der Doktorarbeit von Tobias Haug (Haug, 2011) entwickelt. Der Test weist gute psychometrische Eigenschaften auf. Der DGS-VT zeigt aber bei Kindern ab 8 Jahren einen Deckeneffekt. Das bedeutet, dass die Testaufgaben Kinder, die älter als 8 Jahre sind, nicht differenziert. Daher wurden seit 2012 im Rahmen verschiedener Bachelorarbeiten an deutschen Universitäten schwierigere Aufgaben entwickelt. Ausserdem wurden alle Aufgaben und die Testanleitungen neu aufgenommen. Der Test wurde auch mit LimeSurvey in ein Online-Format überführt.

Die Hauptziele dieses Projekts sind:

  1. die Validierung der neuesten Version des DGS-VT
  2. die Festlegung von Altersnormen, damit die Testergebnisse eines gehörlosen Kindes in Bezug auf seine Altersgruppe interpretiert werden können.

Vorgehen

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird ein quantitatives Forschungsdesign verwendet.

Instrumente

Im Rahmen dieses Projekts werden zwei Instrumente zur Datenerhebung eingesetzt:

  1. Online-Hintergrundfragebogen: Dieser wird von den Eltern ausgefüllt und liefert Informationen über das Kind.
  2. DGS-VT-Online-Test: Der DGS-VT erfasst die rezeptiven Fähigkeiten der Morphosyntax in der Deutschen Gebärdensprache.

Der Test besteht aus drei Teilen, einer allgemeinen Einführung, einem Vokabeltest (um festzustellen, ob die Kinder mit dem verwendeten Wortschatz vertraut sind), und dem eigentlichen Test. Der eigentliche Test besteht zurzeit aus 67 Multiple-Choice-Aufgaben (3 Übungs- und 64 Testaufgaben). Der DGS-VT deckt verschiedene Aspekte der Morphosyntax ab, z.B. unterschiedliche Formen der Pluralbildung, Negationen, Anzahl und Verteilung, räumliche Konstruktionen und einfache Satzstrukturen. Der DGS-VT wird online durchgeführt (LimeSurvey). Der Test wird auf einem Server der HfH gehostet.

Stichprobe

Nur etwa 5–10 % der gehörlosen Kinder haben gehörlose gebärdende Eltern (Mitchell & Karchmer, 2004) und erwerben eine Gebärdensprache als Erstsprache (L1). Die restlichen 90–95 % haben hörende Eltern und erwerben die Gebärdensprache später. Für das Ziel des Projektes sollen möglichst Kinder mit frühem Zugang zur DGS in die Studie einbezogen werden.

Insgesamt sollen ca. 250 Kinder in verschiedenen Förderschulen mit Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation in Deutschland an der Datenerhebung teilnehmen. Die Rekrutierung der Kinder erfolgt in Zusammenarbeit mit der Universität zu Köln (UzK; Prof. Dr. Wolfgang Mann) und der PH Heidelberg (PH HD; Prof. Dr. Johannes Hennies), die auch an der Normierung von DGS-Tests arbeiten. Zum jetzigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, an welchen Schulen in Deutschland die Daten erhoben werden sollen.

Datenauswertung

Folgende (statistische) Analysen sind geplant:

  • Item- und Distraktorenanalye: Überprüfung der Qualität der Testaufgaben und Antwortoptionen.
  • Reliabilitätsprüfung: Ermittlung der internen Konsistenz des Tests mittels Cronbachs Alpha.
  • Validitätsprüfung: Untersuchung der Testergebnisse in Bezug auf die Variablen (1) Geschlecht, (2) Alter des Zugangs zur DGS, (3) Hörstatus der Eltern und (4) Lebensalter untersucht wird.

Zur Ermittlung von Altersnormen werden die Rohwerte in Standardwerte umgewandelt, die als Grundlage für die Interpretation der individuellen Werte in Bezug auf eine Altersgruppe dienen (Herman et al., 1999). Ausgehend von Erkenntnissen vom Gebärdenspracherwerb, werden Kinder von 3–6 Jahre jeweils in Altersgruppen von einem Jahr und ältere Kinder in Altersgruppen von zwei Jahren zusammengenommen werden.

Erwartete Ergebnisse

Mit der Festlegung von Altersnormen wird es möglich, die Einzeltestergebnisse von Kindern künftig sinnvoll in Bezug auf ihre Altersgruppe zu interpretieren. Der DGS-VT soll als Produkt für die Förderschulen in Deutschland zugänglich gemacht werden.

Literatur

  • Bizer, S., & Karl, A.-K. (2002). Entwicklung eines Wortschatztests für gehörlose Kinder im Grundschulalter in Gebärden-, Schrift- und Lautsprache. Universität Hamburg.
  • Haug, T. (2011). Adaptation and evaluation of a German Sign Language test—A computer-based receptive skills test for deaf children ages 4–8 years old. Hamburg University Press. https://doi.org/10.15460/HUP.111
  • Haug, T., Becker, C., Hänel-Faulhaber, B., Hennies, J., Kolbe, V., Mann, W., & Wienholz, A. (2023). Sprachentwicklung von Kindern in Deutscher Gebärdensprache diagnostizieren. Hörgeschädigenpädagogik, 77(2023), 27–34.
  • Herman, R., Holmes, S., & Woll, B. (1999). Assessing British Sign Language Development: Receptive Skills Test—Tester’s manual. Forest Bookshop.
  • Kolbe, V. (2023). Sprachproduktionstest zu narrativen Kompetenzen in Deutscher Gebärdensprache (NaKom DGS)—Eine Testadaption [Humboldt-Universität zu Berlin]. https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/26703
  • Mitchell, R. E., & Karchmer, M. A. (2004). Chasing the Mythical Ten Percent: Parental Hearing Status of Deaf and Hard of Hearing Students in the United States. Sign Language Studies, 4(2), 138–163. https://doi.org/10.1353/sls.2004.0005