Von Mansplaining und Gaslighting: Wie wir souverän mit Kommunikationsdynamiken umgehen können

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Wie entstehen schädliche Kommunikationsdynamiken? Wie wirken sie und wie können wir damit umgehen? Die Psychologin und angehende Psychotherapeutin Stephanie Karrer gab im Diversity Lunch Talk konkrete Tipps für den Alltag.

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Chantal Deuss Titel lic. rer. soc.

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Mansplaining, Patronizing und Gaslighting: In Gesprächen können solche Kommunikationsdynamiken frustrierend und unangenehm sein. Sie dienen oft dazu, Macht und Kontrolle über andere auszuüben und geschehen bewusst oder unbewusst. Im Diversity Lunch Talk der HfH am 3. Oktober 2024 erläuterte Psychologin und angehende Psychotherapeutin Stephanie Karrer, wie diese Dynamiken eine negative Wirkung entfalten können. Stephanie Karrer ist vielen aus dem SRF-Format «We, Myself and Why» bekannt. In der Veranstaltung über Mittag ging es insbesondere um die drei Begrifflichkeiten: Mansplaining, Gaslighting und Patronizing. Nachfolgend finden Sie die Definition und Merkmale im Überblick.

Mansplaining – oder: herablassende Erklärungen

Mansplaining beschreibt eine Situation, in dem ein Mann einer Frau auf herablassende Weise etwas erklärt – oft ungefragt und mit der Intention, der weiblich gelesenen Person aufgrund ihres Geschlechts ihre Kompetenz abzusprechen. Typische Merkmale sind die folgenden:

  • ungefragte Erklärungen
  • ein herablassender Tonfall
  • Ignoranz gegenüber der Expertise des Gegenübers

Mansplaining entsteht aus tief verankerten, unbewussten Vorurteilen. Häufig besteht die Angst, durch fehlendes Wissen an Status und Macht zu verlieren. Betroffene fühlen sich durch solches Verhalten entwertet und ignoriert. Das Arbeitsklima verschlechtert sich und es kann zu einer «inneren Kündigung» kommen, bei der sich Betroffene nicht mehr aktiv in Diskussionen einbringen möchten.

Wie kann man solche unangenehmen Situationen verhindern? Indem man sich beispielsweise die folgenden Fragen stellt:

  • Hat dich dein Gegenüber nach einer Erklärung gefragt?
  • Hast du gefragt, ob du erklären sollst?
  • Weisst du mehr über das Thema, als dein Gegenüber?
  • Gehört es zu deiner Rolle, dein Wissen weiterzugeben?

Gaslighting – oder: Manipulation der Wahrnehmung

Die Manipulationstechnik wird verwendet, um die Wahrnehmung einer anderen Person in Frage zu stellen. Der Begriff wurde aus dem britischen Theaterstück «Gas Light» von 1938 geprägt. In diesem Theaterstück manipuliert ein Ehemann seine Frau, indem er die Intensität des Gaslichts in ihrem Haus ändert, wenn sie allein ist, und lässt sie glauben, sie sei verrückt. Mit dieser Taktik soll die Frau sich selbst und ihrem Gedächtnis nicht mehr vertrauen können.

Typische Merkmale sind die folgenden:

  • Leugnung von Ereignissen
  • Manipulation von Informationen, z. B. durch das Zurückhalten oder Verändern von wichtigen Details
  • Abwertung von Gefühlen und Meinungen: «Niemand sieht das so wie du.»
  • Schuldzuweisungen: «Das hättest du machen müssen.»

Gaslighting wird oft verwendet, um Kritik abzuwehren und auch, um eine Abhängigkeit zu schaffen. Betroffene Personen sind dadurch zunehmend auf die Validierung ihrer Wahrnehmung angewiesen. Sie stellen sich dadurch selbst in Frage und wollen sich ständig rechtfertigen.

Patronizing – oder: Bevormundung und Kontrolle

Diese schädliche Kommunikationsdynamik beschreibt ein Verhalten bei dem jemand andere bevormundend und herablassend behandelt. Dies könne sich beispielsweise durch Micromanaging ausdrücken.

Typische Merkmale sind die folgenden:

  • Übertriebene Vereinfachung
  • Ungefragter Rat
  • Herablassende Komplimente
  • Übermässige Kontrolle
  • Vermittlung eines Gefühls der Überlegenheit

DIe Gründe für Patronizing können zum Beispiel ein mangelndes Vertrauen, unbewusste Vorurteile oder eine hierarchische Denkweise sein.

Tipps für den Umgang. Karrer betonte, dass mit solchen Begriffen zwar die Dynamiken sichtbar und das persönliche Empfinden benannt werden. Ob es Gaslighting oder Mansplaining sei, das spiele schlussendlich keine Rolle. Gemäss Karrer ist es entscheidend zu verstehen, woher solche Kommunikationsdynamiken kommen, um richtig darauf reagieren zu können. Eigene Unsicherheiten, soziale Normen, Erwartungen bezüglich des Geschlechts oder des Berufes oder Machstrukturen im Unternehmen – all das führt oft dazu, dass Menschen schädliche Kommunikationsdynamiken anwenden. Diese Dynamiken untergraben nicht nur das Selbstwertgefühl der Betroffenen, sondern können negative Auswirkungen auf die Arbeitsatmosphäre und die Teamleistung haben. Deshalb ist es wichtig, sie zu erkennen und richtig damit umzugehen.

  • Grenzen kennen. Wichtig ist zum Beispiel, dass man seine eigenen Grenzen erkennt. Es muss nichts erduldet werden und man muss die Dynamiken auch nicht annehmen. Erst wenn die eigene Grenze erkannt ist, könne sie auch kommuniziert werden.
  • Sich jemandem anvertrauen. Sei das dem Team, einer Vorgesetzten oder bei den HR, es kann helfen, wenn man den Autausch sucht. 
  • Zurückfragen. Ein wirksames Mittel sei zum Beispiel das Stellen von Fragen: «Warum hast du mir das jetzt erklärt?» oder «Soll ich auf dich zurückkommen, wenn ich Unterstützung brauche?» Solche Fragen helfen dabei, Klarheit zu schaffen und dem Gegenüber die Gelegenheit zu geben, über das eigene Verhalten nachzudenken. 
  • Ich-Botschaften. Eine weitere Methode ist das Verwenden von Ich-Botschaften, um das eigene Empfinden auszudrücken, ohne das Gegenüber «anzugreifen»: «Ich fühle mich unwohl, wenn du so mit mir sprichst.»

In manchen Fällen kann es aufgrund von Machtstrukturen schwierig sein, eine direkte Konfrontation einzugehen. Da sei es auch in Ordnung, sich zu distanzieren. «Es gibt immer die Möglichkeit, sich aus Situationen zu entfernen oder Unterstützung zu holen – etwa bei Vorgesetzten oder der HR-Abteilung», sagt Stephanie Karrer abschliessend.

Autorin: Nadja Baumgartner, BA, Hochschulkommunikation, HfH (Oktober, 2024)

Diversity Lunch Talk. Zweimal jährlich über Mittag bietet die Stabstelle mit dieser Veranstaltungsreihe ein niederschwelliges Angebot zur Sensibilisierung von Studierenden und Mitarbeiter:innen sowie Interessierten aus dem Hochschulkontext. Expert:innen nehmen aktuelle Themen auf, teilen ihre Erfahrungen und diskutieren diese mit dem Publikum.

Nächste Veranstaltung. Der nächste Diversity Lunch Talk findet am Donnerstag, 31. Oktober 2024, ab 12.15 Uhr statt und fokussiert das Thema «Grundlagen für eine rassismuskritische Schulkultur». Zur Anmeldung